Radfahren in Zweibrücken

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Miteinander geht es besser

Mittwoch, 2. Februar 2022

Wer was plante und warum das nicht klappt - Rosenweg

Hier beginnt der Rosenweg
Fortsetzung: Wenn es um Radwege in Zweibrücken geht passieren so manche Merkwürdigkeiten.

Es fängt damit an, dass Aufträge vergeben werden, ohne dass überhaupt eine Information an die Bürger herausgeht. Dabei wäre doch die Bürgerbeteiligung wichtig dafür, die Akzeptanz von Maßnahmen zu fördern und so manche Fehlplanung von vornherein zu vermeiden.

In unserem Fall wird ein Ingenieurbüro aus Pirmasens damit beauftragt zu prüfen, welche Maßnahmen erforderlich wären, um eine Ost-West-Radverkehrsachse zu ertüchtigen. Dieses Ingenieurbüro stellt auf seiner Webseite eine ganze Reihe von Referenzprojekten vor; nur zum Thema Radverkehrsplanung gibt es dort nichts. Damit wage ich die fachliche Kompetenz des Ingenieurbüros erstmal anzuzweifeln.

Was mich zu der Vermutung veranlasst, dass man beim Bauamt recht kurzfristig auf der Suche nach einem Planungsbüro war, aber wegen der Kürze der Zeit (das Förderprogramm "Stadt und Land" läuft nur noch bis Ende des Jahres 2022, Maßnahmen müssen bis Ende 2023 abgeschlossen sein) kein auf Radverkehr spezialisiertes Büro mehr fand und so die mit dem Thema eher weniger vertrauten Pirmasenser den Auftrag erhielten.

Sei es drum: Man kann sich natürlich alle notwendigen Informationen, Verwaltungsvorschriften und anderen Empfehlungen besorgen und sich darin einarbeiten. Das muss also nicht unbedingt schiefgehen.

naturnahe Pfützen und Schlaglöcher

Es ging aber schief. Denn das Ingenieurbüro plante eine Trassierung, die insgesamt 3,4 Millionen € kosten sollte. Und das rief - wen wundert es - Entsetzen hervor. 3,4 Millionen € - dafür könnte man fast sieben mal die Ampeln an der Dorndorfkreuzung erneuern! Und das nur, damit "ein paar Radfahrer bequem durch die Stadt radeln können"!

Zurück zu den Fakten. Der Rosenweg sollte, so die Ingenieure des beauftragten Büros, über seine gesamte Länge asphaltiert werden. Und, weil er so dicht am Wasser entlanglaufe, noch dazu über die gesamte Länge mit einem Geländer abgesichert werden. Das müsse laut Förderrichtlinien so sein. An dieser Stelle zitiere ich wörtlich aus der einschlägigen "Verwaltungsvorschrift des Landes Rheinland-Pfalz" vom 26. Januar 2021 Absatz 2.2: Die Finanzhilfen des Bundes für Investitionen in die Radverkehrsinfrastruktur werden für solche Investitionen eingesetzt, die durch die gezielte Verbesserung der Radinfrastruktur deren Attraktivität und Sicherheit erhöhen, einen Beitrag zur Schaffung durchgängiger Netze leisten und mindestens entsprechend den bundesweit anerkannten technischen Regelwerken, die durch länderspezifische Regelwerke ergänzt werden können, geplant und umgesetzt werden.

Die bundesweit anerkannten technischen Regelwerke sind in diesem Fall neben bestimmten Verwaltungsvorschriften vor allem die "Empfehlungen für Radverkehrsanlagen Ausgabe 2010" (kurz ERA 2010). Diese beschreiben in Kapitel 11 den "Bau und Betrieb von Radverkehrsanlagen" und in 11.1.2 den Oberbau. Hier wird eine "dauerhaft ebene Oberfläche mit geringem Rollwiderstand" und auch die "Allwettertauglichkeit (gute Entwässerungseigenschaften zur Vermeidung von Pfützenbildung und aufspritzendem Schmutz, Vermeidung von Staubbildung, gute Räumbarkeit von Schnee)" gefordert.

Im Weiteren schreiben die RAS: "Deckschichten ohne Bindemittel haben einen mehr als doppelt so hohen Rollwiderstand wie Asphaltdecken oder Betonsteindecken und sollten deshalb nur auf Freizeitwegen in Grünanlagen und auf Wegen, die überwiegend dem Fußgängerverkehr dienen, eingesetzt werden. Wegen ihres günstigen Temperatur- und Feuchtigkeitsausgleiches besitzen sie in landschaftssensiblen Bereichen (Anmerkung von mir: Landschaftsschutzgebiete, Naturschutzgebiete) Vorteile, jedoch nicht hinsichtlich der Bodenversiegelung."

Halten wir fest: Unbefestigte Wege taugen nur als Fußwege und das auch nur in landschaftlich besonders sensiblen Bereichen. Der Rosenweg mit seinen Schrebergärten und der Zu- und Abwegung (Autoverkehr!) zu den Gärten gehört ganz sicher nicht dazu!

größte Annäherung ans Wasser

In Absatz 11.1.11 wird die "Sicherung gegen Absturz und Abkommen vom Weg" geregelt. Hier müssen wir wissen, dass entlang des Rosenwegs der Schwarzbach in einer Höhe von etwa 20 bis 50 cm unterhalb des Niveaus des Weges angestaut ist. Außerdem verläuft der Weg in einem Abstand von mindestens einem, an manchen Stellen bis zu drei Metern Entfernung vom Bachlauf. Zwischen Weg und Bachufer liegt ein teilweise mit altem Baumbestand bewachsener Grünstreifen. Lediglich  an der Unterquerung der Landauer Straße trifft der Weg unmittelbar auf das Bachufer.

Für die Sicherung des Wegs ist "zunächst zu prüfen, inwieweit ein dornenfreies, dichtes und ausreichend hohes Gebüsch Schutz vor Abstürzen biete oder nach Anpflanzung bieten kann. Ist dies nicht möglich, so sind Absturzsicherungen anzubringen". In unserem Fall heißt das eindeutig, dass kein Geländer als Absturzsicherung Voraussetzung für die Verbesserung des Rosenwegs ist! 

Wozu braucht  es hier ein Geländer?

Gegenüber den wie eben belegt (sachlich und rechtlich falschen) Aussagen des Gutachtens lassen sich damit erhebliche Kosten einsparen. Auch die von einigen Mitgliedern des Bauauschusses geforderte "Naturnähe" bliebe so voll und ganz erhalten, ebenso die Zugänglichkeit des Wassers an den vor einigen Jahren errichteten Bänken.

Was aber gar nicht geht sind die Aussagen mancher Ausschussmitglieder, die im Artikel des "PFÄLZISCHEN MERKUR" erwähnt werden, z.B. Rolf Franzen. Wenn der Weg asphaltiert werde, so "Der Radler denkt dann, er kann Gas geben. Da laufen aber auch Kinder, da zieht es mir etwas den Bauch zusammen, wenn ich an meine Enkel denke." Das ist Polemik der untersten Schublade! Nicht rasende RadfahrerInnen töten Kinder; das ist im Verkehr einer anderen Gruppe vorbehalten!

Herr Franzen darf sich auch gerne mal erkundigen, wie viele Kinder in den Jahren des Bestehens des Bliestal-Freizeitweges von "rasenden Radlern" zusammengefahren wurden; der Bliestal-Freizeitweg wird von Spaziergängern, Radfahrenden, Skatern, Rollator- und Rollstuhlfahrenden wie auch Eltern mit Kleinkindern und Kinderwagen intensiv genutzt - wesentlich intensiver noch als der Rosenweg.

ERA 2010 - das Standardwerk
Leider hat sich auch niemand im Bauausschuss mit den Vorschriften und Verordnungen vertraut gemacht oder hat sich die Situation vor Ort angesehen: Sonst hätte man ganz schnell erkannt, dass die Aussagen des Gutachtens so nicht stimmen können. So aber wurde eine wichtige Maßnahme zur Förderung des Radverkehrs im Bauausschuss abgelehnt, basierend mal nicht zuletzt auf der Unkenntnis der entsprechenden Regelwerke und auf den fachlich falschen Aussagen des Ingenieurbüros.

Bleibt hier die Frage: Wurde absichtlich ein in diesen Fragen inkompetentes Ingenieurbüro beauftragt? Oder gab es gar Vorgaben an das Ingenieurbüro, die zu falschen Ergebnissen führen mussten? Und warum hat man bei der Untersuchung interessierte und fachkundige Gruppen wie die Initiative pro Fahrrad oder den ADFC nicht informiert und mit einbezogen?

Im nächsten Beitrag werde ich die Situation an und in der Homburger Straße beleuchten. Also: Fortsetzung folgt!



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