Radfahren in Zweibrücken

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Miteinander geht es besser

Freitag, 17. April 2020

Das Fahrrad - Lösung in der Krise und im Verkehr der Zukunft


Das Fahrrad: Lösung in der Krise und im Verkehr der Zukunft

Freitag, 17. April 2020 
Ab Montag dürfen in den meisten Bundesländern die stationären Fahrradläden wieder eröffnen. Für die Fahrradbranche mehr als ein Zeichen: Es geht jetzt darum, den Radverkehr besser in der Gesellschaft zu verankern und an langfristigen Strategien zu arbeiten. Wie das funktionieren kann, erklärten Branchenvertreter bei einer Video-Pressekonferenz des pressedienst-fahrrad.


[pd‑f/tg] In der Corona-Zeit kommt dem Fahrrad als Verkehrsmittel eine wichtige Bedeutung zu. Es sichert die individuelle Mobilität vieler Bürger, die ansonsten für kurze Strecken auf den ÖPNV angewiesen sind. Zudem fördert es die Gesundheit und stärkt das Immunsystem. Speziell der Gesundheitsaspekt war laut Branchenvertretern in Gesprächen mit Politikern enorm wichtig. Darum durften Fahrradwerkstätten während der Coronakrise durchgängig offenbleiben und auch der Fahrradhandel fällt bei der Wiedereröffnung nun neben dem Kfz- und Buchhandel nicht unter die 800-Quadratmeter-Regelung. „Wir finden es super, dass wir wieder aufmachen dürfen“, freut sich Stefan Stiener, Geschäftsführer des Reiseradspezialisten Velotraum, der am Firmenstandort in Weil der Stadt auch einen Ausstellungs- und Beratungsraum hat. Der Terminkalender sei gut gefüllt und auch der Nachschub von den asiatischen Zulieferern gesichert. „Wenn sich die Situation so weiter entwickelt, wäre ich positiv gestimmt. Corona war ein ordentlicher Rempler, aber bislang scheint es keine Saison zum Vergessen zu werden“, beurteilt er die aktuelle Lage.

Bewusstsein fürs Radfahren steigern

Dass das Fahrrad überhaupt einen hohen Stellenwert genießt, sei nicht zuletzt auf die Arbeit der unterschiedlichen Lobbyverbände zurückzuführen, die gemeinsam mit der Politik in Verhandlungen standen. „Das Fahrrad ist ein Krisenlöser. Das wird in anderen europäischen Ländern anders gesehen, aber in Deutschland ging die Debatte von vornherein in die richtige Richtung“, freut sich Wasilis von Rauch, Geschäftsführer beim Bundesverband Zukunft Fahrrad (BVZF). Albert Herresthal, Geschäftsführer vom Verbund Service und Fahrrad (VSF g. e. V.), ergänzt: „Wir haben als Branche sehr gut zusammengearbeitet und ein gutes Timing für unsere Themen gehabt.“ Deshalb werde ab Montag den Menschen, die bislang kein oder nur ein altes Fahrrad hatten, mit einem neuen Rad oder E‑Bike ebenfalls eine gesunde Mobilität ermöglicht. Dazu zählen theoretisch auch Schulkinder, wie Jörg Müsse, Geschäftsführer des Einkaufsverbundes Bike & Co, beispielhaft erklärt: „Anstatt mit dem überfüllten Bus können sie mit dem Rad zur Schule fahren. Das ist eine sinnvolle Ergänzung zum ÖPNV. Es geht jetzt nicht darum, Produkte in den Markt zu drücken, sondern Radfahren in das Bewusstsein der Gesellschaft zu bringen.“

Miteinander mit ÖPNV schaffen

Das Fahrrad werde in Zukunft eine größere Rolle spielen, um den ÖPNV zu entlasten, und gerade auf kurzen Strecken seine Stärken ausspielen. Auch weil in den Großstädten der ÖPNV an seine Grenzen stößt und im Regelbetrieb in Spitzenzeiten schnell überlastet ist. Aber die Branchenvertreter betonen unisono, dass man sich nicht als Krisengewinner gegenüber dem ÖPNV sieht, sondern gemeinsam für eine bessere Umwelt einsteht. Jedes Verkehrsmittel hätte seine spezielle Funktion und müsse jetzt durch die Krise an seiner Positionierung arbeiten. „Das Fahrrad ist eine Alternative im Verkehrssystem. Wir müssen jetzt Werbung für das Fahrrad machen“, sagt Burkhard Stork, Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC e. V.). Heiko Truppel, Online-Marketing-Manager beim Liegeradhersteller HP Velotechnik, sieht jedoch auch die Nahverkehrsanbieter am Zug: „Die ÖPNV-Anbieter müssen ihr Angebot auch mehr auf das Fahrrad ausrichten.“ Als Beispiele nennt er verbesserte Mitnahmemöglichkeiten und einheitliche Tarifstrukturen.

Kommunen in die Pflicht nehmen

Vorher bereits drängende Maßnahmen dürfen durch Corona nicht in Vergessenheit geraten, sondern erst recht in Angriff genommen werden, findet Heiko Müller, Geschäftsführer des E‑Bike-Herstellers Riese & Müller. Dazu zählt die Schaffung einer radfahrerfreundlichen Infrastruktur, die in vielen Kommunen leider nicht umgesetzt wird. Fördergelder dafür seien jedoch vorhanden. Problematisch sind aktuell jedoch die fehlenden personellen Kapazitäten. 

Direkt spürt das Andreas Hombach vom Stadtmöblierer WSM. Das Unternehmen produziert Fahrradabstellanlagen und steht im engen Austausch mit kommunalen Vertretern. „Seit Mitte März ist ein deutlicher Auftragsrückgang zu spüren. Bei den Kommunen steht die Krisenbewältigung im Vordergrund und Verantwortliche werden in andere Abteilungen abberufen“, berichtet er. Burkhard Stork ist deshalb etwas zurückhaltend und würde sich über 40 Städte freuen, die sich binnen eines Jahres für mehr Radverkehr engagieren. Damit wäre ein Anfang gemacht, um langfristig auch weitere Kommunen zu begeistern. 

Der Ausbau der Infrastruktur steht auch für Siegfried Neuberger, Geschäftsführer des Zweirad-Industrie-Verbandes (ZIV), weit oben. Hinzu kommt für ihn der wichtige Punkt, die rechtlichen Grundlagen für das S-Pedelec zu verbessern. „Diese Fahrzeuggattung bietet noch viel Potenzial gerade für Pendler, das aktuell nicht genutzt wird“, erklärt er. Ein weiterer Aspekt, für den sich die Branchenvertreter stark machen, ist die Senkung der Mehrwertsteuer für Fahrräder und E‑Bikes auf sieben Prozent. „Hier sind wir auf einem guten Weg“, so die Einschätzung Neubergers.

Bislang sei die Fahrradbranche mit einem blauen Auge durch die Corona-Krise gekommen. „Wie stark die Branche wirklich geschädigt ist, ist die Frage. Hier kann man noch keine seriösen Aussagen treffen“, so Albert Herresthal. Über 70 Prozent der ZIV-Mitglieder hätten mittlerweile Kurzarbeit beantragt und auch die Liefersituation aus Asien sei schwierig, berichtet Siegfried Neuberger. Hinzu drohen gesellschaftlich eine Massenarbeitslosigkeit sowie Staatsverschuldung. Das Fahrrad sei aber gerade in solchen Situationen für viele Menschen ein gutes Instrument, um für positive Stimmung zu sorgen. „Wir müssen das Momentum jetzt nutzen und neue Ideen für die Zukunft sammeln“, resümiert von Rauch.

5 Kommentare:

  1. "Das Fahrrad werde in Zukunft eine größere Rolle spielen, um den ÖPNV zu entlasten, und gerade auf kurzen Strecken seine Stärken ausspielen. Auch weil in den Großstädten der ÖPNV an seine Grenzen stößt und im Regelbetrieb in Spitzenzeiten schnell überlastet ist."
    Seltsame Einschätzung bzw. Fehleinschätzung.
    Stattdessen brauchen wir dringend einen sehr deutlichen Ausbau des ÖPNV und ÖPV nebst deutlicher Verbesserungen für den Fussverkehr.
    Der Umweltverbund funktioniert NUR DANN als vollwertige Alternative zum MIV, wenn alle drei Säulen gut entwickelt sind.
    Wohin das führt, wenn das Fahrradfahren dazu missbraucht wird Kosten für den ÖPV einzusparen sehen wir z.B. in den Niederlanden, wo eine erheblich zu geringe Nutzung und erheblich zu geringe Dichte/Taktung/Kapazität des ÖPNV existiert. Eine der Gründe (neben der Radseparation und weiterer Faktoren), die dazu führen dass (auch) dort der Autoverkehr deutlich ansteigt.
    Attraktivität und Radius des Fußverkehrs muss verbessert werden, das ÖP(N)V Angebot muss verdichtet werden (sowohl bei der Maschendichte, als auch bei der Taktdichte) und der Radverkehr muss, parallel zu deutlichen Restriktionen gegenüber dem Autoverkehr, wieder in den Fahrbahn-Regelbetrieb überführt werden. Allein schon wegen der Kapazitätsfragen wird dies - wie wir jetzt bei Corona sehen - notwendig sein.
    Die heutigen Bordsteinradwege können dann größtenteils wieder dem Fussverkehr zurückgegeben werden, von dem sie einst abgeknapst wurden.
    Löst sich natürlich alles in heisse Luft auf, wenn es nicht endlich gelingt den MIV sehr deutlich zu reduzieren.
    Knoflacher hat schon gute Gründe, wenn er für die Zielgröße von 5-max10% des MIV von heute plädiert.
    Das ergibt dann auch eine zukuftsgerechte Struktur im Hinblick auf die Infrastruktur: kein weiterer Flächenfraß, Nutzung des gut ausgebauten Fahrbahnnetzes für den Umweltverbund mit Rad und ÖPV als Regelverkehr plus - wo verträglich - MIV-Restverkehr.
    Viel Platz, Komfort, Kommunikationsraum und Wohlbefinden für den Fußverkehr (coronaproof). Sichere und zügige Strecken für den Radverkehr mit verbesserten Reisezeiten für den Radverkehr, der dann auch problemlos in die Domäne der mittleren Distanzen bis ca. 20-25KM vordringen kann (ggf. e-bike) ohne das Fenster des konstanten Reisezeitbudgets zu verlassen.
    Also klares NEIN zur Idee der Entlastung des ÖPV durch Radverkehr.
    MEHR ÖPV, mehr Radverkehr, mehr Fußverkehr auf Basis einer aktiven Politik der notwendigen Beschränkung des volkswirtschaftlich und ökologisch vollständig dysfunktionalen Autoverkehrs.
    Es ist doch absurd, dass die Bevölkerung einen relevanten Teil ihres Einkommens zur Finanzierung des Automobilismus ausgeben muss, wenn es längst technisch ausgereifte Lösungen gibt, die preisgünstige, umweltgerechte und inklusive Mobilität für alle ermöglichen.
    Alfons Krückmann

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  2. Lieber Herr Krückmann,

    Ihre Vorstellung von einer Reduktion des MIV - die Voraussetzung für Ihre Forderung - scheint mir zumindest kurz- und mittelfristig nicht umsetzbar. Wenn Sie von einer Verbesserung des ÖPNV schreiben so meinen Sie sicher die Situation in der Großstadt. Davon aber sind wir wie große Teile unseres Landes extrem weit entfernt.

    Wir haben in vielen Orten schlichtweg keinen ÖPNV. Wir haben weder Busverkehr noch Schienenanbindung. Wir haben nur den MIV. Diese Situation werden wir auch kurz- und mittelfristig nicht geändert bekommen. Und damit fällt Ihre Argumentation vollkommen in sich zusammen.

    Das einzig umweltfreundliche alternative Verkehrsmittel, das sowohl auf dem Land als auch in der Stadt funktioniert ist das Fahrrad bzw. das Pedelec. Und das wird - auch auf dem Land - von einigen wenigen Autofahrern bedrängt, gedrängelt und genötigt. Deshalb benötigt das Fahrrad auch weiterhin eine eigene Infrastruktur, getrennt von Fußgängern und Autofahrern.

    Wenn wir ein Szenario mit höchsten 5 - 10 % des heutigen MIV hätten, dann könnten wir auf den Bau einer eigenen Radinfrastruktur verzichten. Doch das haben wir nicht und wir werden es auch in Zukunft nicht haben. Die politisch Verantwortlichen aus den Autoproduktions-Bundesländern werden schon dafür sorgen.

    Bernd Lohrum

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    1. 1/2
      Da hab ich mich wohl unklar ausgedrückt?
      Reduktion des MIV ist nicht Voraussetzung, sondern Folge einer umweltgerechten Verkehrspolitik, was letztlich bedeutet eine am Ziel der MIV Reduktion orientierte integrierte Raumplanung zu betreiben, also das zu tun, was angehenden Geografen VerkehrswissenschaftlerInnen heutzutage 'eigentlich' beigebracht wird.
      - Verkehrsvermeidung
      - Aufbau einer Verkehrssparsamen Raumstruktur
      - Verkehrsverlagerung auf den Umweltverbund
      - für den Rest nachhaltige Effizienzerhöhung
      Zentral dabei ist natürlich der Stadt/Umlandverkehr (plus Stadt - Stadtverkehr), wie Sie richtig schreiben, und wie auch z.B. aus den Daten des MID im Hinblick auf die Aufteilung der MIV Fahrleistung nach Entfernungsklassen leicht ersichtlich ist.
      Gerade in diesem Bereich braucht es schnell verfügbare Lösungen im Umweltverbund um die Dominanz des Autos dort brechen zu können.
      Das Problem liegt aber leider tiefer: auch heute noch findet eine verstärkte Suburbanisierung statt, unter anderem weil sich immer mehr Menschen die zu teuer gewordene Stadt nicht mehr leisten können.
      Möglich wird dies durch die Ausweitung der MIV-Erreichbarkeitsradien durch Strassenbau und Verkehrsbeschleunigung.
      Das Limit setzt bekanntermaßen das 'konstante Reisezeitbudget', welches als empirisch abgesicherte feste Größe betrachtet werden kann bzw. muss.
      Um fast alle Zentren herum steigen derzeit die Pendlerentfernungen an. Gerade auch die vielgelobten Niederlande oder Kopenhagen bilden da keinesfalls eine Ausnahme, trotz (oder gerade wegen) des steigenden separierten Radverkehrsanteils im Binnenverkehr.
      Warum sollte die Radseparation nach Niederländischem Vorbild hier bessere Resultate bringen als in den Niederlanden, wo der Autoverkehr nicht nur stetig ansteigt, sondern, auch bedingt durch die PR um den nationalen Markenkern "Fahrradland" und durch die Möglichkeit autofern auf Radwegen das Problem des Autoverkehrs aus der Wahrnehmung herauszuhalten, der Autoverkehr eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz erfährt und die dortige Umweltbewegung quasi ins Leere läuft nach dem Motto "was wollt ihr denn, wir sind doch Fahrradland".
      Ich kenne das aus der 'Fahrradhauptstadt' bzw. Fahrrad-wege-hauptstadt Münster, wo auch neben der Steigerung des berühmte 'Radanteils' eine gravierende Vermehrung des besonders schädlichen MIV Pendelverkehrs mit immer weiter ansteigenden Entfernungen und nachfolgend bleibender Zersiedelung zu beobachten ist.
      Nu ist es allerdings nicht so, dass es da keine positiven Erfahrungen gäbe. Der 'Berliner Siedlungsstern' etwa ist ein recht altes und bis vor kurzem auch sehr erfolgreiches konzept, das die Suburbanisierungsmöglichkeiten qua Raumplanungsvorgaben streng an den ÖP(N)V gekoppelt hat.
      D.h. nur da wo guter kapazitätsstarker und gut getakteter ÖPV vorhanden ist darf überhaupt gesiedelt werden.
      Unter anderem deswegen hatte Berlin bislang relativ wenig Autopendler. Zudem wären die Fahrzeiten durch Reisezeitverluste im Berliner Stadtgebiet i.d.R. ausserhalb des Reisezeitbudgets gerutscht.
      Ich will hier jetzt keine Bücher im Kommentar verfassen, aber zu glauben, dass man mit Aufbau eines separiertem Radverkehrs den Autoverkehr und insbesondere den Autopendelverkehr reduzieren kann ist bis auf weiteres als empirisch widerlegt zu betrachten.

      Alfons Krückmann

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    2. 2/2
      Und was das Zusammenfallen meiner Argumentation angeht, schaun sie mal nach Freiburg.
      https://de.wikipedia.org/wiki/Breisgau-S-Bahn_2020
      Da wäre zwar auch eine etwas beherztere Planung möglich gewesen, aber das Beispiel zeigt, dass der Aufbau eines funktionierenden ÖPV zwischen Zentren und Umland recht schnell gehen kann, wenn denn mal der politische Wille da ist.
      Andere Länder schaffen das noch erheblich schneller und in größeren Dimensionen.
      Eines der Probleme beim Aufbau von Radpendeln ohne ÖPV ist übrigens die i.d.R. nach wie vor vorhandene Vorhaltenotwendigkeit eines Autos oder ggf. Zweitautos, da wegen Infekten, Sturm/Hagel/Gewitter u.U. temporär das Rad nicht infrage kommt und ja trotzdem der Arbeitsplatz oder das nächste Oberzentrum erreichbar sein muss.
      Ohne ÖPV ist die Reduktion der Autodichte illusorisch, wie sich ja auch allerorten beobachten lässt.
      Schon steckt man mitten im automobien Teufelskreis von steigendem Autoverkehr und der verstärkten Verdrängung aller anderen Verkehrsmittel vom bestens ausgebauten Fahrbahnnetz mit der Folge dann noch höherer Fahrleistungen des MIV usw. ad infinitum.
      Wir sind ja gerade dabei unser Fahrbahnnetz in ein reines Autonetz zu überführen. Eine fatale 'Autobahnisierung' der Bundesstrassen ist ja fast abgeschlossen und auch die Landstrassen, selbst die Fahrbahnen der Kreisstrassen werden ja zunehmend zu reinen Autopisten mit holpriger 'Nebenanlage' für die Radtouristen.
      So wird das nichts, es wird exakt das herauskommen was wir auch in NL beobachten: mehr Radkurzstrecken, leichte Steigerungen bei Radmitteldistanzen, höhere Autodichte höhere Autofahrleistung Rückgang des ÖPV Anteils.
      BMW dankt (die trommeln übrigens auch für mehr Radwege).

      Grüße in den ländlichen Süden,
      Alfons Krückmann

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  3. Sehr geehrter Herr Krückmann,

    ich verstehe Sie wohl und kann Ihre Argumentation gut nachvollziehen.

    Wie in ganz vielen Argumentationsketten findet aber ein Faktur zu wenig Beachtung: Der Mensch. Der Mensch ist (auch) ein Produkt seiner Umwelt. Der Mensch will es im Winter warm und immer bequem. Außerdem hat der Mensch häufig Angst vor Neuem, vor Veränderungen.

    Und deshalb greift hier ein knappes Jahrhundert der "Verkehrserziehung" durch Autoindustrie und Politik. Das hat zur Folge, dass eine große Mehrheit der Radfahrenden sich die Straße nicht mit dem Auto teilen WILL. Ein Jahrhundert lang wurde den Menschen eingeprägt dass Radfahren weniger sicher und sie im Mischverkehr mit dem Auto gefährdet seien. Gleichzeitig zeigen viele autofahrende Menschen den Radfahrenden aktiv, dass sie auf "ihren" Straßen nicht erwünscht sind.

    Das hat zur Folge, dass die Akzeptanz des Radfahrens nur dort wirklich gegeben ist wo die Verkehrsmittel "entmischt" sind.

    Dieser Konflikt lässt sich meines Erachtens nur dadurch auflösen dass man zunächst eine gute Infrastruktur für Radfahrende schafft - in Teilen auch dadurch dass man Flächen umverteilt. Gleichzeitig muss der ÖPNV entwickelt werden, auch in den Speckgürteln, auch auf dem platten Land. Und einfacher mit dem Fahrrad kombinierbar werden.

    Und dass man den MIV unattraktiver macht. Indem man Subventionen streicht, indem man kostenlose Parkplätze auf öffentlichem Grund rigoros verringert (kostenlose Nutzung ist nämlich auch eine Subvention). Der MIV muss ganz einfach dadurch verringert werden dass er sich nicht mehr rechnet. Nicht mehr rechnet weil der Zeitbedarf für die Parkplatzsuche die persönliche Toleranzschwelle überschreitet, weil der Bau neuer Straßen das Budget jedes einzelnen Teilnehmers des MIV belastet. Geld und Zeit sind die beiden Schlüssel.

    Ach ja: Wenn BMW für mehr Radwege trommelt, heißt das nicht, dass es für die Sache des Radfahrens schlecht ist. Klar verfolgen die ihre eigenen Ziele. Aber wenn ich dadurch auch meine eigenen Ziele (nämlich die Förderung des Radverkehrs im Alltag) besser erreichen kann: Warum nicht!

    Bernd Lohrum

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