Radfahren in Zweibrücken

Radfahren in Zweibrücken
Miteinander geht es besser

Freitag, 3. April 2020

Radwege - ja oder nein

Für oder gegen baulich getrennte Radwege an Straßen - die Radfahrenden sind gespalten.


Ist das eine akzeptable Radwegeführung?
Auf der einen Seite stehen Radfahrer, die argumentieren, dass das Radfahren auf der Straße gemeinsam mit dem Autoverkehr nicht gefährlicher oder sogar weniger gefährlich ist als das Radfahren auf existierenden Radwegen. Dazu gibt es sogar eine ganze Reihe von Studien, die diese Aussage belegen.

Auf der anderen Seite stehen die Befürworter von baulich getrennten  Radwegen, die die gleiche Aussage zur Sicherheit für sich reklamieren. Auch sie zitieren gerne Studien, die ihre Aussagen belegen.

Doch was wird von der Mehrheit der Radfahrenden gewünscht, was wird akzeptiert?




Ende 2018 haben in Berlin 5000 Radfahrende abgestimmt, was sie am Radverkehr am meisten stört. Die Umfrage hat der Berliner Tagesspiegel durchgeführt und folgende Ergebnisse bekommen:

Getrennte Wege Die Radwege sind zu wenige und zu schmal, aufgemalte Linien bringen nichts. Die Wege sollten besser von der Straße getrennt werden.
Fahrradfreundlichere Polizei Die Polizei sollte Fehlverhalten von Autofahrern gegenüber Radfahrern häufiger und konsequenter sanktionieren.
Schlepperbande gewünscht Autos, die in zweiter Reihe oder auf Radwegen parken, sollen konsequent abgeschleppt werden.
Regeln auf zwei Rädern Die Straßenverkehrsordnung ist schlecht an die Bedürfnisse von Radfahrern angepasst. Es braucht neue Rechtsabbiegeregeln und Ampelschaltungen.
Machen statt Reden Die Versprechen sollen umgesetzt werden, die Verkehrsverwaltung braucht mehr personelle und finanzielle Ressourcen.
Platzgerechtigkeit Radfahrer sollen auch so viel Fläche bekommen, wie ihr Anteil am Verkehr beträgt: Eigene Straßen, Schnellwege, dafür weniger Autoparkplätze.
Pflegekräfte fehlen Die Radwege sollen besser instandgehalten werden.
Bekenntnis zur Zukunft Die Politik soll sich stärker zur fahrradfreundlichen Stadt bekennen. Gegebenenfalls mit Fahrverboten und Geschwindigkeitsbegrenzungen für Autos.
Aufklärer gesucht Rechte und Pflichten von Radfahrern sind vielen Verkehrsteilnehmern nicht klar. Auto-, Bus-, Taxi und auch Radfahrer sollten besser geschult werden.
ÖPNV stärken Nur ein funktionierender öffentlicher Nahverkehr mit kürzeren Takten könnte mehr Autofahrer zum Umsteigen aufs Rad bewegen und auch bei schlechtem Wetter eine Alternative sein.
Die Aussage ist klar: In den Städten führt kein Weg um eine eigene Radinfrastruktur herum. Getrennt von den Autofahrern fühlen sich Radfahrende sicherer.
Doch wie ist es auf dem Land? Die Verkehrsdichte ist geringer, aber auch die Anzahl der Radfahrenden? Gibt es hier überhaupt Probleme zwischen Auto- und Radfahrenden?
Ich selbst fahre gerne und häufiger auf Landstraßen in unserer Region. Es gibt Straßen, die ich gerne und bedenkenlos benutze. Dazu gehören viele wenig genutzte Straßen in der Südwestpfalz. Ein Beispiel ist die Straße zwischen Hornbach über Mauschbach und Dietrichingen zur Kirschbachermühle. Die ist übersichtlich, wenig von KFZ-Verkehr belastet und die wenigen Autos rasen nur selten.
Ein Gegenbeispiel ist die Höhenstraße von Zweibrücken über Martinshöhe Richtung Landstuhl. Sie ist stark befahren, viele Autofahrer fahren sehr bis zu schnell, oft genug gibt es viel zu wenig Abstand beim Überholtwerden. Eine solche Straße halte ich subjektiv für gefährlich für Radfahrende und meide sie soweit es möglich ist.
Nun bin ich ein Mann. Wir Männer haben eine signifikant höhere Risikobereitschaft als Frauen. Wir akzeptieren Situationen, die Frauen möglichst vermeiden möchten. Es kann also durchaus sein dass ich Situationen für hinnehmbar halte die für eine Frau bereits inakzeptabel sind.

Was wir aber brauchen sind Wege, die für alle Radfahrenden subjektiv akzeptabel sind. 

Nur so können wir eine Stärkung des Radverkehrs erreichen. Und daher brauchen wir auch auf dem Land baulich getrennte Radwege, auf denen die Radfahrenden nicht mit den Autofahrenden konkurrieren.
Diese Radwege allerdings müssen den gleichen Anforderungen genügen wie die Straßen für Autofahrende. Sie müssen so ausgestaltet sein, dass sie nicht zu einer zusätzlichen Gefährdung der Radfahrenden führen. Sie müssen so gebaut sein, dass an Knotenpunkten (Kreuzungen) alle Richtungen gleichermaßen ohne zusätzliche Schikanen angefahren werden können. Und sie müssen genauso vorfahrtsberechtigt gegenüber einmündenden Nebenstraßen sein wie es die Autostraßen selbstverständlich auch sind!
Wer hat hier Vorfahrt?
Damit das nicht zu zusätzlichen Risiken führt, müssen diese Einmündungen baulich so ausgeführt sein, dass sie übersichtlich sind und jedem Verkehrsteilnehmer - gleich ob Rad- oder KraftfahrerIn - augenblicklich zeigen, wer wo vorfahrtsberechtigt ist.

Das ist derzeit fast nirgends der Fall. Im Gegenteil werden Radwege oft so geführt, dass Radfahrende entlang von vorfahrtsberechtigten Straßen sogar an Ein- und Ausfahrten dem Querverkehr Vorfahrt gewähren müssen. Das ist unverhältnismäßig, das ist gefährlich, das ist ganz einfach Quatsch.
Daher müssen zum einen die vorhandenen Radwege so umgestaltet werden, dass sie die gleichen Vorfahrtsregeln haben wie die Straße, die sie begleiten. Und sie müssen in diesen Einmündungsbereichen so klar gekennzeichnet und von Sichthindernissen befreit werden dass sich kein Autofahrender mehr auf ein "habe ich nicht gesehen" herausreden kann.
in beiden Richtungen unterschiedliche Vorfahrtsregelung
Die beiden Bilder zeigen gleich eine ganze Reihe von inakzeptablen Regeln. Wer hier aus Richtung des Fotografen den benutzungspflichtigen Radweg benutzt muss - auch wenn kein Schild das anzeigt - dem Autoverkehr in die und aus der Nebenstraße Vorfahrt gewähren (unteres Bild). Der ausfahrende Autoverkehr findet das Zeichen "Vorfahrt gewähren" erst deutlich nach der Querung des Radwegs kurz vor der Einmündung zur Hauptverkehrsstraße. (Übrigens gälte aus Richtung des Fotografen mangels anderer Zeichen die "Rechts-vor-Links-Regelung, die aber durch das kurz dahinter aufgestellte "Vorfahrt-gewähren"-Zeichen konterkariert wird)

Anders der Radfahrer, der aus der Gegenrichtung kommt: Auf Bild 1 erkennt man die Rückseite des Zeichens "Vorfahrt gewähren" kurz vor der Querung des Radwegs am Ende der Abbiegespur. Hier müssen also die abbiegenden Fahrzeuglenker dem Radfahrenden Vorfahrt gewähren.

Die Praxis aber zeigt dass kaum ein Kraftfahrer dieses Zeichen beachtet. Stattdessen müssen die Radfahrenden den von hinten kommenden abbiegenden Verkehr beachten, den aus Richtung des Fotografen links abbiegenden Verkehr vorlassen und das ganze bei der Sichtbehinderung durch die große Tafel mit den Firmennamen.

Leider ist diese Situation typisch und führt per se zu einer unnötigen Gefährdung der Radfahrenden. Die Auflösung des Problems wäre dabei so einfach.

  1. Weg mit der Rechtsabbiegespur - Rechtsabbieger behindern nicht den Verkehr auf der Durchgangsstraße.
  2. An Stelle der Rechtsabbiegespur sollte der benutzungspflichtige Radweg weiter im Sichtbereich der Autofahrer ohne Schwenk parallel zur Durchgangsstraße geführt werden.
  3. Für die aus der Nebenstraße ausfahrenden Fahrzeuge ist das Zeichen "Vorfahrt gewähren" bereitd deutlich und vor der Querung des Radwegs aufzustellen. Gegebenenfalls ist es um die Markierung "Haifischzähne" zu ergänzen, auch wenn die zunächst nur der Markierung an Radschnellwegen dienen sollten.
Ich will an dieser Stelle gar nicht die Niederlande als Beispiel aufführen, wo es bereits seit langer Zeit bewährte Konzepte für die Wegeführung von Radwegen und -spuren gibt. 

Daher lautet meine These:


Wenn wir wollen, dass mehr Menschen mit dem Fahrrad fahren, müssen wir erreichen, dass sie sich subjektiv beim Radfahren sicher fühlen. Und das tun sie eher dann, wenn sie auf baulich von der Fahrbahn getrennten Radwegen unterwegs sind. Diese getrennten Radwege müssen daher auch wirklich "sicher" ausgelegt werden. Deshalb habe ich die weiter oben gezeigten Beispiele aufgeführt und einfache Lösungsmöglichkeiten vorgeschlagen.

Ich bin mir durchaus bewusst, dass es statistisch gefährlicher ist manche Radwege zu benutzen als auf der Fahrbahn zu fahren. Doch wenn Menschen sich an den rationalen Ergebnissen der Wissenschaft orientieren würden, würden weltweit schon lange keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor verkauft werden, weil sie keiner mehr haben möchte.

1 Kommentar:

  1. Wenn ich den Leuten ständig einrede, dass die Benutzung der Fahrbahn "gefährlich" sei (also irrationale Ängste fütterte, statt sie auszuhungern), ist es kein Wunder, dass viele auch derartige Schrottwege wie jenen zwischen Outlet und Funkturm der Fahrbahn vorziehen. Ich habe diesen Weg (inkl. der Führung um den Outlet-Kreisel) in meinem Blog ausführlich dokumentiert und kritisiert.

    Übrigens ist die Sache mit der Vorfahrt dort oben nicht so einfach, wie das von Ihnen dargestellt wird. Die Stadtverwaltung Zweibrücken hatte hier übrigens schon vor mehr als 2 Jahren angekündigt, kleine 205er (Vorfahrt gewähren) aufzustellen und die Furten zu entfernen, um Radfahrern im Zuge einer Vorfahrtstraße (ohne Rechtsgrundlage in der StVO) Vorfahrt und Vorrang zu nehmen. Auch hierzu verweise ich wieder auf meinen Blog (Suchfunktion). Leider ist dieser Behörde die Sicherheit von Radfahrern nachweislich völlig egal. Selbst bei nachweislich gefährlichen (Homburger Straße) und eindeutig rechtswidrigen Benutzungspflichten (Niederauerbach, Mittelbach) lässt man alles so, wie es ist, weil die Sachgebietsleiterin ständig krank ist und alles andere wichtiger ist.

    Ich kam übrigens kürzlich die Fasaneriestraße hochgefahren. Gegenüber wartete ein Ehepaar auf dem Hochbord-Weg, um dort auf die Fahrbahn zu wechseln. Da sie wegen des Verkehrs keine Lücke fanden, fuhren sie nach einer Weile halt einfach auf dem linken Gehweg weiter. Das ist bei einseitigen Zweirichtungswegelchen (ohne vorgeschriebene Querungshilfen) auch kein Bug, sondern ein Feature. Wer die Zeit hat, kann das machen. Wer das Rad als ernsthaftes Verkehrsmittel betrachtet, mit dem auch zügig vorankommen will, kann "Radwege" nur ablehnen. Sie "fühlen" sich sicher an, sind es aber nicht.

    Schauen Sie sich nebenbei auch gerne in meinem Blog mal das Elend an, welches derzeit am neuen Kreisel in Ixheim gebaut wird. Momentan habe ich noch ein wenig Hoffnung, dass man von einer Blaubeschilderung absehen wird...

    Schönen Gruß

    Dennis Schneble

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